Das Hundeproblem ist ein Menschenproblem

…warum wir schneller sein müssen als die Hundefänger

bg aurelianInterview mit: Dr. Aurelian Stefan, Craiova

Datum: 15.04.2015

Ausgeführt durch: Eckhard Kretschmer


Map Of Hope: Guten Abend Aurelian! Ich freue mich, daß Du die Zeit zu diesem Telefonat gefunden hast. Die Leser der mapofhope.de haben sich ein Gespräch mit Dir gewünscht, und es soll heute Abend um Dich, Deinen Werdegang, Dein Engagement gehen, und darum, wie die Situation der Strassenhunde in Rumänien aktuell aus Deiner Sicht ist, und welche Lösungen Du siehst.

Warum ich Tierarzt geworden bin

10172596_10206207715940185_2773176056467867148_nDr. Aurelian Stefan: Ich bin in Bukarest geboren. Ich bin ein Bukarester, aber meine Schulferien habe ich immer bei meinen Verwandten auf dem Land verbracht. Da war eine Kombination von reiner Armut, reine Landwirtschaftliche Arbeit, die immer mit Tieren zu tun hatte. Das bedeutet, die Leute, die armen Leute, verliessen sich ganz auf die Tiere, die sie jeweils auf ihrem Hof hielten. Pferde, Kühe, alle waren wichtig für das alltägliche Leben. Alle Leute in meinem Dorf respektierten die Tiere, ja, wir liebten die Tiere. Alle waren in ihre Tiere „verliebt“. Das hat mich beeinflusst, später Tierarzt werden zu wollen. Mir hat die Idee immer gefallen, Arzt zu werden, mit Respekt und Liebe für die Tiere zu arbeiten.

Aber langsam verstarben meine Verwandten auf dem Land. In unserer Wohnung und Bukarest hatten wir immer mehr Hunde und Katzen. Meine erste Stelle war in einer Kleintierpraxis in Bukarest. Vier Jahre meines Studium habe ich dort gearbeitet. Das war zwar nur eine vorübergehende Anstellung, aber ich war schon zu dieser Zeit immer mit Tieren beschäftigt.

Das grösste Tierheim der Welt

Meine erste richtige Stelle nach Abschluss der Ausbildung war in einem Tierheim mit Kleintieren. In diesem Tierheim lebten ungefähr 3000 Hunde. Das war in Pitesti, in Smeura, sehr weit von Bukarest entfernt, ungefährt 150 Kilometer weit. Das Tierheim wurde von einem Deutschen Verein betrieben. Eine Deutsche Frau, Ute Langenkamp, war die Leiterin da. Ich war einer der drei Tierärzte dort. Ich war auch der jüngste Tierarzt dort.

Wir führten damals ein Kastrationsprojekt für die Stadt Pitesti und Umgebung durch. Ich glaube, daß ich in 4 Monaten damals über 500 Kastrationen gemacht habe. Ich hatte also sehr sehr schnell viel Erfahrung mit Kastrationen.

Dann bin ich zu einem anderen Tierheim umgezogen, nach Cernavoda, wo Save The Dogs ist, Sara Turetta ist dort die Leiterin, eine Italienerin. Ich habe einen Tierarzt aus Amerika getroffen, Jeff Young, einen sehr berühmten Arzt, der mobile Projekte machte für die Streuner. Genau genommen waren es Projekte, um ungewollte Würfe zu vermindern und zu vermeiden. Mir wurde klar: Es gibt viel zu viele Hunde, und viel zu wenige Zuhause für diese Hunde. Was war zu tun?

Diese ungewollten Welpen und Katzenbabies mussten verhindert werden. Die Antwort ist: Kastrationen, Kastrationen, Kastrationen, die Leute zu überzeugen, Hunde zu adoptieren, anstatt welche zu kaufen und so weiter…

Jeff hat mich in seine Klinik in die USA eingeladen, um mich weiterzubilden. Ich bin 3 Monate dort in Colorado gewesen. Dann wollte ich natürlich nachhause. Und was hätte ich anderes tun können, als die Überpopulation zu vermindern.

10945705_10205924504220069_4520964355216265619_nIch habe dann mit meinem Bruder Petrişor, der ebenfalls Tierarzt ist, in Craiova eine Tierklinik gegründet, einer Stadt, in der wir viele Strassenhunde vorgefunden haben. Diese Tierklinik FamilyVet hat billige Preise für die Strassenhunde angeboten. Das Echo, der Erfolg war riesig. Alle Leute waren begeistert. Inzwischen haben wir 10 Angestellte, eigentlich sogar mehr. In Craiova haben wir zahlreiche Hunde kastriert.

Die Organisation ASNI/RAR

Bald nach der Klinikeröffnung habe ich Nancy Janes getroffen. Nancy Janes ist die Leiterin von A.S.N.I. Animal Spay Neuter International/Romania Animal Rescue (eine 501 © 3 Wohltätigkeitsorganisation, gegründet 2003 in den USA). A.S.N.I. Hilft international, also im Ausland. RAR hilft in Rumänien. Ein- bis zweimal im Jahr führen wir Projekte im Ausland durch. Also zum Beispiel in Afrika, in Südamerika, also in Ländern der sogenannten „Dritten Welt“. Aber ich muss sagen, in manchen Orten in Rumänien ist es schlimmer als in der Dritten Welt.

Ich bin inzwischen Medical Director, eigentlich der Manager von RAR und koordiniere Romania Animal Rescue. Die Aufgabe von RAR ist den Strassenhunden gewidmet, also den Kastrationen, und dies nicht nur der Strassenhunde. Wir machen uns Gedanken um die Leute, die Hunde haben, und diese nicht kastrieren können oder nicht kastrieren wollen, oder darüber nicht Bescheid wissen. Auch über die Hunde, die in Fabrikhöfen wohnen, die halb Besitzerhunde und halb Strassenhunde sind. Sie leben zwar auf Privatgelände, sind aber nicht eigentlich Besitzerhunde. Wir konzentrieren uns darauf, Leuten, die es sich sonst nicht leisten könnten, kostenlose Kastrationen anzubieten, auch Leuten, denen es egal ist, die es aber machen lassen, wenn es sie nichts kostet.

Wir haben festgestellt, daß die Nachfrage nach kostenlosen Kastrationen in Rumänien riesig ist. Wir haben eigentlich kein Problem mit den Hunden, aber mit den Menschen. Hundeprobleme sind Menschenprobleme. Hunde vermehren sich aus Instinkt. Aber Menschen können etwas dagegen tun, wenn sie es wollen, wenn sie informiert sind, und wenn sie natürlich Hilfe bekommen.

Map Of Hope: Und wenn sie davon erfahren!

Dr. Aurelian Stefan: Wenn Sie davon erfahren, daß wir es kostenlos anbieten. Es gibt z.B. Leute, die 6, 7, 8 Hunde von der Strasse gerettet haben. Diese sind jetzt in ihrem Hof. Aber natürlich haben sie kein Geld, diese Hunde zu kastrieren. Und natürlich ist das ein Problem. Ich möchte dazu sagen, die Leute haben schlicht keine Ahnung, wie man einen Hund kastriert.

Map Of Hope: Warum? Lernen das die Tierärzte normalerweise nicht in Rumänien?

Dr. Aurelian Stefan: Rumänien ist zu 60 Prozent Landwirtschaft. Das bedeutet, daß 60 Prozent der Rumänischen Bevölkerung auf dem Land lebt, in Dörfern und kleinen Städten. Dort gibt es zu wenige, manchmal fast keine Tierärzte, die Tiere kastrieren können, und die Tiere kastrieren möchten. Die Menschen dort haben eigentlich nicht viele Möglichkeiten, wenn die Hündin Welpen kriegt. Es gibt eigentlich nur 3 Optionen: Einmal, die Welpen sofort nach dem Wurf zu töten, also z.B. in einen Fluss zu werfen, auf eine Müllhalde oder so etwas, dann, die Welpen zu behalten, was nicht sehr oft passiert, wenn man 10 Welpen hat, oder, wenn sie alt genug sind, also ungefähr drei Monate alt, einfach auf der Strasse auszusetzen. Und das ist unser Problem! Strassenhunde kommen eigentlich von den Privatleuten, die nichts besseres wissen, oder nichts besseres können, als diese drei Optionen. Es ist absolut unmöglich für die Menschen in einem Dorf, 10 Welpen pro Jahr zu behalten. Das ist viel zu viel. Manchmal setzen sie sie z.B. auf dem Markt aus, weit weg von zuhause. Aber die Hündin ist nicht kastriert worden. Manchmal setzen sie auch die Hündin zusammen mit den Welpen aus, wenn die Hündin nicht mehr gebraucht wird, ihren Zweck nicht mehr erfüllt.

Es sind eigentlich wenige Probleme: Die Leute wissen es nicht besser. Sie sind nicht informiert. Es gibt keine nationale Kampagne zur Hundeproblematik, kein nationales Programm dafür. Lediglich in den Grossen Städten gibt es Geld dafür. Und natürlich gibt es überall, wo es Geld gibt, Korruption und so weiter. Das Geld wird dann so verwendet, wie die Verantwortlichen es gebrauchen können.

Aber die Quelle all dieser Hunde wurde nie gestoppt. Sie werden also jedes Jahr Hunde töten. Ganz einfach auch deshalb, weil Hunde von den Dörfern in die Städte wandern werden. Das ist sicher. In den Dörfern gibt es nämlich so gut wie keine kastrierten Hunde. Das ist wie bei einem Eisberg. Wir sehen nur die Spitze. Aber der grosse unsichtbare Teil davon ist vorhanden und wird hochkommen, wenn wir die Spitze abtragen.

Map Of Hope: Das bedeutet dann aber im Umkehrschluss, selbst wenn man in den grossen Städten alle Hunde einfangen würde, die irgendwo frei herumlaufen, wie es z.B. in Bukarest passiert, dann würden die Hunde aus dem Umland kommen, und die freigewordenen Resourcen, wie das Futter, die Schlafplätze und die Territorien übernehmen, sich dort wieder vermehren, und nach zwei Jahren wäre alles wie vorher?

Dr. Aurelian Stefan: Ja! Natürlich! Der „Plan“ der Behörden ist, ständig zu töten. Aber das ist kein Plan, das Problem langfristig zu beherrschen. Eigentlich haben sie überhaupt keinen Plan, um das Problem langfristig zu lösen. Es gibt keinen nationalen Plan, kein nationales Programm. Z.B. auch keine Infrastruktur, damit die Leute sich informieren können, denn die Leute sind nicht aufgeklärt, was dazu führen könnte, daß die Leute keine Hunde mehr aussetzen, dass jeder mithelfen kann, daß es nicht mehr so viele Hunde gibt.

Daß ein Hund ein Wesen ist, das Rechte hat, das sagt unsere Regierung uns nicht! Die Menschen Müssen das aber wissen, daß die Hunde Rechte haben in diesem Land. Wir haben ein Tierschutzgesetz, das nicht beachtet wird. Die Behörden wissen angeblich darüber nichts. Die Hoffnung für die Hunde liegt ausschliesslich bei den Vereinen, die privat aktiv sind. Meiner meinung nach macht der Staat absolut garnichts, ausser zu töten. Töten, Töten, Töten, Töten, Töten, aber das ist kein langfristiger, nachhaltiger Plan.

Map Of Hope: Ja, und getötet wurde ja auch schon früher, ohne Erfolg?

Die Tötungen sind die Nazi-Stationen des 21. Jahrhunderts

bragadirusymbolDr. Aurelian Stefan: Ja, natürlich! Aber jetzt ist es so richtig angelaufen. Mit diesen Tötungen, mit diesen riesigen Tierheimen, diesen Nazi-Stationen des 21. Jahrhunderts meiner Meinung nach. Dieses Mihailesti, dieses Pallady, meiner Meinung nach verstossen sie total gegen da Gesetz. Das ist total gegen Hunderechte, Tierrechte, Gesetze. Und es gibt aus Richtung der Regierung keine Hoffnung. Sie werden es ständig weitermachen, weil sie es schlicht nicht besser wissen, und nicht besser möchten. Sie möchten alles so lassen, wie es ist.

Map Of Hope: Und warum möchten sie es nicht ändern?

Dr. Aurelian Stefan: Schwer zu sagen. Die Leute, die das Hundeproblem erledigen möchten sind keine Spezialisten, keine Menschen, die Tiere respektieren. Wir reden hier nicht über Leute, die Tiere lieben. Respektieren bedeutet, daß man die Rechte respektiert, das Gesetz. Wenn die Regierung das Gesetz nicht respektiert, besteht keine Hoffnung. Und das kommt, meiner Meinung nach, durch Korruption. So haben unqualifizierte Leute, Nicht-Fachleute Macht und Entscheidungsbefugnisse. Und genau das geschieht in Rumänien. Leute, die es nichts Besseres entscheiden können, als das, was jetzt passiert, und die auch nichts Besseres möchten. Das heisst Korruption. Ja.

Map Of Hope: Nun ist es ja so, daß Politiker durchaus auch beraten werden, bzw. deutliche Worte hören, ob sie das wollen oder nicht. So war zum Beispiel auch der Europaparlamentarier Stefan Eck im Stadtrat von Bukarest, und hat dem Oberbürgermeister Sorin Oprescu direkt ins Gesicht gesagt, welchen Weg er für den einzigen Richtigen hält, und das ist ja das „Einfangen, Sterilisieren und wieder aussetzen“ (Catch, Neuter, Release). Bringt so eine Ansprache etwas, oder wird das einfach anschliessend vergessen und man geht zum nächsten Termin über?

Dr. Aurelian Stefan: Meiner Meinung nach ist es sehr deutlich und klar, daß diese Leute von der Europäischen Union, die kämpfen möchten, zu optimistisch sind. Sie werden warscheinlich nichts bewirken nach meiner Auffassung, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Meiner Meinung nach interessiert es unsere Regierung nicht, was die Europäische Union sagt. Erst wenn Brüssel uns droht, wird etwas gemacht.

Map Of Hope: Mit was könnte Brüssel denn drohen? Mit was für Strafen könnten sie denn drohen?

Dr. Aurelian Stefan: Die offiziellen Schreiben und Berichte aus Richtung des Europäischen Parlamentes haben viel mit Lobbyismus zu tun. Z.B. ist der Österreichische OMV (http://de.wikipedia.org/wiki/OMV) die grösste Firma Rumäniens. Es ist jetzt nur ein Beispiel, aber wenn der OMV sagen würde, schaut mal, es gibt da 10 Nazi-Stationen in Bukarest, oder in Rumänien, also ich meine, diese Nazi-Stationen für die Hunde. Bitte sorgt dafür, daß die verschwinden, sonst investieren wir nicht mehr in Rumänien, dann würde sich mit Sicherheit etwas ändern. Es geht nur ökonomisch.

Wir haben Politiker, die Schutz vor Gefängnis geniessen. Die werden durch das Parlament geschützt. Es muss für die Hunde noch viel mehr Druck gemacht werden. Denn die Hunde haben keine Bedeutung für die Leute, die uns regieren. Und das ist das Problem. Und vielleicht ökonomisch. Aber sonst, politisch, über Lobby, nein, ich glaube nicht, daß dies etwas bewegt.

Map Of Hope: Nun gab es ja einen Politiker in Rumänien, den damaligen Bürgermeister von Hermannstadt, Klaus Iohannis, der jetzt Präsident Rumäniens ist. Er hat damals in Interviews auch gesagt, daß er das Töten von Strassentieren für barbarisch hält, und dafür gesorgt, daß dies in seiner Stadt nicht passiert. Gibt es irgendwelche Hoffnungen Deinerseits, daß Klaus Iohannis irgendwann auch als Präsident Rumäniens dieses Thema auf den Tisch trägt?

Ein Bürgermeister hat mehr Macht bei diesem Thema als unser Präsident

Dr. Aurelian Stefan: Der Präsident hat eigentlich keine Macht darüber. Ein Bürgermeister hat mehr Macht bei diesem Thema als unser Präsident. Der Präsident beschäftigt sich nicht mit solchen Problemen. Es ist meiner Meinung nach höchst unwahrscheinlich, daß er dieses Thema in nächster Zukunft ansprechen wird. Wir haben grosse Probleme, sehr sehr grosse Probleme. Ich sage nicht, daß das Hundeproblem nicht sehr gross ist. Aber verstehe bitte, unser Präsident hat andere, andere, andere Sachen zu erledigen. Das steht auch so in der Verfassung.

Map Of Hope: Das bedeutet, das Amt, für das er gewählt wurde, hat nichts mit Strassentieren zu tun.

Dr. Aurelian Stefan: Nein, es ist sicher, daß der Präsident nichts mit Strassentieren zu tun hat. Ok, ein Signal, ein politisches Signal kann er setzen. Aber wir erwarten von ihm auch andere Signale, für die Politik, für die Wirtschaft in diesem Land, und er setzt diese Signale nicht.

Map Of Hope: Was für Signale wären das?

Dr. Aurelian Stefan: Signale, daß die korrupten Politiker nicht mehr im Parlament geschützt werden, Signale, daß die Infrastruktur in diesem Land Schneller aufgebaut werden muss und weitere Signale für die Entwicklung des Landes. Diese Signale kommen von unserem Präsidenten sehr langsam, WENN sie kommen. Und eigentlich ist unser neuer Präsident sehr langsam. Das ist meine persönliche Meinung. Er arbeitet sehr langsam, und in Rumänien möchten wir das nicht. Die Leute wollen alles jetzt. Die Menschen haben keine Geduld mehr. Auch mit den Hunden, natürlich. Solche Tötungsstationen haben wir jetzt seit 2 Jahren. Da ist viel zu viel in so einem Land.

Map Of Hope: Sind denn die Strassenhunde objektiv tatsächlich so eine grosse Gefahr? Hast Du selber, z.B. als Kind, oder jetzt mit Deiner Familie, gefährliche Situationen mit Strassenhunden erlebt?

Dr. Aurelian Stefan: Nein, nein, nein, nein! Also ich glaube, dass vielleicht 1 Prozent nur eine potentielle Gefahr für die Leute sein könnten. Ok, es gibt natürlich Fälle, wo die Hunde ein Problem sind. Aber das gab es auch nicht überall. Natürlich nicht. Und der erste Schritt wäre natürlich, wenn die Behörden diese Problemstellen lösen würden. Aber sie haben das nicht getan. Sie haben alle Hunde, egal ob sie zart oder ängstlich waren, ob kastriert oder unkastriert, ob sie ein Problem waren oder nicht, sie haben alle Hunde getötet oder versuchen das. Und das ist meiner Meinung nach ein Fehler. Es betraf zahme Hunde, Hunde, die mit den Kindern spielten, es waren einfach traurige Situationen, wo ein sehr sehr guter Hund leider auf der Strasse lebte, weil er kein Zuhause hatte. Es waren diese traurigen Situationen, und was haben sie gemacht? Sie haben nicht die Adoption gefördert und die Situation dieses Hundes zu verbessern versucht. Sie haben einfach getötet. So gefährlich waren die Strassenhunde nicht. Ok, es gab Fälle. Aber die Strassenhunde waren nicht unser Problem in Rumänien.

Map Of Hope: Wenn es objektiv nicht so gefährlich war wie behauptet, war es vielleichte subjektiv so? Also, daß viele Rumänen die Hunde als gefährlich oder „lästig“ gesehen haben?

Strassenhunde waren für uns eine Normalität, ein Teil des Lifestyle

Dr. Aurelian Stefan: Also die Mehrheit der Rumänen war OK mit den Hunden auf der Strasse. Für uns Rumänen war es ein Teil des Lifestyle. Strassenhunde waren für uns eine Normalität. Die Behörden haben total falsch reagiert.

Map Of Hope: Was können denn die Menschen im Ausland tun, wenn sie mit der Situation der Strassenhunde unglücklich sind und helfen wollen, diese zu verbessern? Es gibt ja sehr viele Leute, die immer auf verschiedenste Proteste, Demonstrationen und Mahnwachen gehen, oder Petitionen unterschreiben und so weiter. Bringt das alles etwas?

Dr. Aurelian Stefan: Eigentlich im Gegenteil, muss ich sagen. Viele Petitionen sagen aus, Rumänien sei ein Land von Massakern, das aber hilft den Hunden vor Ort nicht. Wenn ich in Deutschland wäre, wenn ich zwei Kinder hätte, und so eine Petition im Internet sehen würde, oder so einen Protest erleben, ich würde mit meiner Familie nicht als Tourist nach Rumänien gehen. Einfach schon deshalb, weil ich meine Familie nicht erschrecken möchte, falls wir Zeuge eines Massakers werden sollten.

Map Of Hope: Janusz Wojciechowski, ein Abgeordneter des Europaparlamentes hat vor kurzem in einem Interview gesagt, „Rumänien ist kein Land für Touristen im Moment“. Meinst Du, so etwas wie ein Boykott könnte etwas bewegen? Weil er ja wirtschaftliche Auswirkungen haben könnte.

Dr. Aurelian Stefan: Das Problem ist: Rumänien hat 10 mal weniger Touristen als Griechenland. Und Griechenland unterscheidet sich nicht sehr von Rumänien. Aber die Touristen in Griechenland helfen sehr viel bei der Strassenhundesituation. Sie kommen. Sie sehen genau, was passiert, sie verstehen das Problem, sie gehen nachhause und oft spenden sie anschliessend für die Strassenhunde, die sie gemocht haben. Unsere rumänischen Strassenhunde erhalten keine Aufmerksamkeit im Ausland. Einfach, weil wir weniger Touristen bekommen. Wenn diese Massaker-Nachrichten überall verbreitet werden, ist das deshalb eigentlich viel schlimmer für die Strassenhunde. Einfach, weil sie hier zurückbleiben ohne irgendeine Chance. Eine Chance auf eine Kastrationen, eine Chance auf eine Adoption, eine Chance, auf jemanden zu treffen, der vielleicht auf diesen Hund aufmerksam wird.

Map Of Hope: Du meinst praktisch, wenn jetzt jemand Urlaub in Rumänien macht, zum Beispiel irgendwo am Meer, meinetwegen in Constanta, und dann sieht er einen Hund, und dann könnte er sich in diesen Hund verlieben, und ihn am liebsten gleich mitnehmen?

Dr. Aurelian Stefan: Das ist ein bisschen viel. Das wäre ideal. Aber zumindest könnte er ein Tierheim suchen, ein Privattierheim, über das Internet, mit den leuten vor Ort sprechen, eine Patenschaft bezahlen und vielleicht Werbung für diesen Hund machen. Aber dieses Tierheim vor Ort bekommt Aufmerksamkeit im Ausland. Das kann nur helfen. Wenn man keine Touristen hat, oder weniger Touristen hat, dann sind die Chancen natürlich sehr sehr viel weniger. Das ist jedenfalls meine Meinung. Das ist ein wenig, wie man Marketing macht. Wenn diese Demonstrationen aussagen würden, „Ok, die Hunde in Rumänien brauchen Hilfe – Wir setzen uns für die Strassenhunde in Rumänien ein“ und nicht diese schrecklichen Bilder gezeigt würden, wäre es vielleicht besser für die Hunde. Die Leute würden deutlicher verstehen, daß diese Massaker nur in Public Shelters geschehen, und bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht auf den Strassen. Und daß es sehr sehr unwarscheinlich ist, daß man Zeuge eines solchen Massakers unvorbereitet wird. Es geht hier um Marketing. Und meiner Meinung nach müssen sie, wenn sie wirklich helfen möchten, diese Demonstrationen und Petitionen ein bisschen ändern. Weil sie sehr stark und schrecklich wirken und Hilfe eher abblocken. Wie gesagt, das ist meine persönliche Meinung dazu. Ich will dankbar sein. Es ist gut, daß diese Leute demonstrieren. Das ist ein Recht, das jeder hat. Aber vielleicht müssen wir es ein bisschen ändern.

Map Of Hope: Das heisst, auf den Schildern sollte dann nicht mehr stehen: „Es gibt schreckliche Hundemassaker in Bukarest und in Mangalia und so weiter“, sondern es sollte stehen „Helft den Hunden in Rumänien“.

Dr. Aurelian Stefan: Nein, aber es sollten Bilder von Strassenhunden gezeigt werden:

„Dieser Hund braucht Dich in Rumänien – Vergiss ihn nicht – er ist da und braucht dich – setz Dich ein“.

Es ist dieselbe Sache und beides stimmt ja, aber mehr Leute werden verstehen: Moment, wir können hier vielleicht etwas tun. Mehr Leute, die ein Land wie Rumänien boykottieren? bringt nicht sehr viel. Wie ich es erklärt habe, und ich glaube, daß ich es klar dargestellt habe, ist es eher schlimmer für die Strassenhunde und für die Leute, die vor Ort einsetzen, die zahlreichen Strassenhunden helfen, und eigentlich brauchen diese Leute Hilfe. So sehe ich das jedenfalls.

Map Of Hope: Eine Stadt, in der es immer wieder Gerüchte gibt, bzw. wurden ja auch tatsächlich Hunde getötet dort, ist Craiova, genauer, das staatliche Tierheim in Breasta. Und immer wieder gibt es Organisationen, die im Internet schreiben „Bald werden wieder 116 Hunde getötet“ oder „50 Hunde auf der Todesliste“ oder „Es wurde wieder T61 bestellt“, eine der Substanzen, die zur Tötung von Strassentieren verwendet werden. Immer dann kommen ganz viele Petitionen und Leute, die sagen, alle müssten an die Bürgermeisterin schreiben, wir müssen an die Tierheimleitung schreiben, und so weiter. Wie wirkt so etwas auf das Rathaus, wie wirkt das auf die Tierheimleitung? Hilft es, oder schadet es?

Dr. Aurelian Stefan: Es bringt nichts! Es bringt nichts – aber es schadet nichts.

Map Of Hope: Wie ist Deine Kenntnis zu diesem Public Shelter. Ist es übervoll, bzw. besteht dort aktuell die Gefahr, daß getötet werden könnte?

Ja – Es gibt die Gefahr, daß in Breasta getötet werden könnte

Dr. Aurelian Stefan: Ja, es gibt die Gefahr. Ich muss ein wenig ausholen. Also wir, Romania Animal Rescue und der Verein vor Ort haben in Craiova und im Umland mehr als 12.000 Hunde kastriert. Ich glaube, daß sie nicht so viele Hunde haben, um zu töten. Die Hunde sind nicht zu viele.

Map Of Hope: Also, es gibt Platz, und es gibt keinen Druck im Moment, dort zu töten?

Dr. Aurelian Stefan: Es ist so, dass es durch die Vermehrung und Aussetzung von Hunden mehr Hunde gibt, als die Kapazität vom Breasta-Shelter. Ab und zu werden wir diese Aufrufe hören. Es kann nicht sein, daß dieses Tierheim die Tötungen stoppen wird.

Map Of Hope: Wie oft wird dort getötet?

Dr. Aurelian Stefan: Das kommt ganz darauf an. Im Frühling natürlich, und im Sommer, werden sie öfters töten weil es einfach mehr Hunde gibt. Dann werden sie geboren, und dann gibt es natürlich mehr Hunde. Im Winter dafür weniger. Aber: Mein Thema ist, daß wir schneller sein müssen, als die Hundefänger. Wir müssen mehr kastrieren, mehr Aufklärungsarbeit machen. Wie gesagt, das Hundeproblem ist ein Menschenproblem. Die Menschen sollen die Hunde nicht mehr aussetzen. Das ist wichtig, wichtig, wichtig, wichtig, denn das hilft mehr Hunden. Ein unkastrierter Hund bekommt sicher 10 Welpen in einem Jahr. Das bedeutet, 10 Hunde, die irgendwann möglicherweise in Breasta landen werden. Aber wenn ich diese Hündin heute kastriere, dann habe ich 10 Welpen gerettet.

Map Of Hope: Ja, und das ist ja erst der Anfang der Pyramide, weil diese Welpen ja wieder Welpen bekommen würden.

Dr. Aurelian Stefan: Ja, nur der Anfang der Pyramide. Und es lohnt sich! Eine Kastration kostet 25 bis 30 Euro. Wieviel kostet es, diese 10 Welpen vor dem Tierheim zu retten, zu behandeln, impfen zu lassen und natürlich zu kastrieren? Nach ihrer Rettung brauchen sie Adoptanten, Chips, wieviel kosten diese unnötigerweise entstandenen 10 Welpen? Statt 25 Euro kostet das dann sicher mindestens 1000 Euro, die vermieden werden könnten, wenn die Mutterhündin rechtzeitig kastriert worden wäre.

Map Of Hope: Was schätzt Du, wieviele Prozent der Hunde, die in der Stadt, in der Du aktiv bist, auf der Strasse leben, kastriert sind?

Dr. Aurelian Stefan: 99 % der Hunde, die auf der Strasse sind, sind unkastriert! Es sind ja alles neue Hunde! Fast alle Hunde, die auf der Strassen heute sind, sind unkastriert. Sie haben alle von uns kastrierten Hunde getötet.

Map Of Hope: Das heisst, das sind alles jetzt die Nachkommen schon wieder?

Dr. Aurelian Stefan: Natürlich!

Map Of Hope: Und das würde in Bukarest in ein oder zwei Jahren auch genauso aussehen?

Dr. Aurelian Stefan: Ich muss dazu noch etwas sagen: Ich sehe Hunde, die ganz eindeutig ausgesetzt worden sind. Sie sind total verwirrt, sie kennen die Strasse nicht. Diese Hunde sind unkastriert. Es sind neue Hunde. Das Problem in Bukarest ist, daß sie die Hunde schnell töten werden, und wir werden vielleicht nicht dieselbe Situation haben, aber die Anzahl der Hunde, die getötet werden muss, wird hoch bleiben, weil eben die Quelle nicht gestoppt wurde. Dasselbe gilt für Craiova. Deswegen arbeiten wir nicht nur in Craiova, Romania Animal Rescue arbeitet überall dort, wo es Hilferufe gibt. Aber natürlich haben wir nicht so viel Geld, das ganze Land zu flächendeckend zu kastrieren. Immerhin sind in Craiova mehr als 12.000 schon kastriert worden. Das ist wichtig. Und ich bin froh, daß wir uns diese Arbeit gemacht haben. Weil diese Hunde sonst viele tausend Welpen in die Welt setzen würden. Es wäre eine Katastrophe. Diese ungewollten Welpen, ungewollten Hunde. Die haben wir schon gerettet. Ich freue mich. Ich bin froh, daß wir damit so viele gerettet haben. Ich bin aber auch traurig, daß sie so viele getötet haben.

Map Of Hope: Ihr geht auch aufs Land. Ihr geht auch in kleine Städte, oder in Städte, wo es sonst keine Tierärzte für Kastrationen gibt.

Dr. Aurelian Stefan: Wir gehen nicht nur in Städte, wo es keine Tierärzte gibt, sondern auch in Gemeinden, wo die Tierschutzvereine nicht mehr leisten können. Sie können schlicht nicht mehr Kastrationen für die Hunde, die sie gerettet haben, bezahlen. Sie wollen aber, dass die Hunde kastriert werden.

Map Of Hope: Das heisst, es sind Private Shelter, die Euch um Hilfe bitten?

10313374_791867684170408_771883825408275950_nDr. Aurelian Stefan: Das sind private Shelter. Und diese Private Shelter sind die Veranstalter der Kastra-Projekte vor Ort. Sie machen Werbung, sie finden einen Platz, wir bringen das VET-Team mit jeweils 2 bis 6 ausgebildeten Tierärzten. Unser team ist sehr erfahren und unsere topprioritaet ist sicherheit und gesundheit der Hunde. Wir bieten kostenlose Kastrationen für die Tierschützer vor Ort.

Map Of Hope: Und die stellen praktisch die Räume zur Verfügung, und das Personal für die Assistenz?

Dr. Aurelian Stefan: Ja, die Freiwilligen, das sind immer freiwillige Helfer vor Ort.

Map Of Hope: Sind den Räumlichkeiten und Ausstattung vor Ort überhaupt geeignet, um solche Massenkastrationen durchzuführen in solchen Private Shelters?

Dr. Aurelian Stefan: Manchmal nicht. Manchmal arbeiten wir in einem Zelt. Manchmal arbeiten wir in der Stadt in einem Büro, einem Warenlager oder einer Halle. Aber das ist ein Minimalstandard, den ein Arzt nicht vorfinden möchte, er möchte in einer Praxis unter besseren Voraussetzungen kastrieren. Gut wäre zum Beispiel eine Mobilklinik. Im Moment versuchen wir, Geld aufzutreiben für ein Kastramobil, einen ehemaligen Rettungswagen, der als Kastramobil dienen wird, und langfristig wäre es sinnvoll, einen umgebauten Anhänger zu haben, der eine riesige Mobilklinik sein könnte. Aber im Moment kommt erst einmal das Auto. Und wir können dann dort drinnen arbeiten. Eine grössere Tierklinik wird u.A. auch gebraucht, um bei Katastrophen helfen zu können. Also wenn z.B. in einem Tierheim etwas schreckliches passiert ist, kann man vor Ort fahren und verletzte Tiere direkt in der Mobilklinik behandeln. Aber das kostet Geld. Das kostet richtig viel Geld. Aber wir müssen weitermachen. Wir müssen träumen. Träume sind sehr wichtig. Ohne Träume würden wir garnichts schaffen.

Map Of Hope: Kann es sein, daß die Einstellung der Rumänen. Anders gefragt, kann es sein, daß die Rumänen, bzw. die jungen Rumänen, vielleicht noch so offen sind, daß man sie zu einer anderen Einstellung gegenüber den Tieren „erziehen“ könnte?

Dr. Aurelian Stefan: Ja, das ist klar. Rumänien ist ein Land, das fast seine Hoffnung verloren hat. Ein Land, mit Leuten, die nicht mehr glauben, daß es einmal besser werden könnte. Viele Leute haben die Hoffnung verloren. Mit solchen Projekten, mit solchen Mobilkliniken bringen wir Hoffnung für sehr viele Tiere. Natürlich ist ein Verein nicht genug für das ganze Land. Aber es ist ein Beginn. Man muss an einem Punkt anfangen. Es gibt auch Städte in Rumänien, die schon ein Kastramobil haben. Pitesti zum Beispiel, wo das grosse Tierheim ist, hat ein Kastramobil. Und sie sind sehr zufrieden damit. Aber das ist nur ein Beispiel. Es gibt viele Städte, die solche Hilfe brauchen, und viele, viele Tiere, die unsere Hilfe brauchen. Ein kastrierter Hund hat definitiv einen neuen Stellenwert in der Familie oder auf dem Bauernhof seines Eigentümers. Es besteht keine Welpengefahr mehr. Es ist auch unwarscheinlicher, daß er eines Tages ausgesetzt wird. Der Hund wird geliebt. Die Liebe für die Tiere kommt eigentlich nur von zwei Stellen. Einmal von der Seele direkt und von der Erziehung/Bildung. Das kommt mit der Zeit. Wenn die Leute es besser wissen, und die Einstellung sich langsam ändert, werden die Leute anfangen, die Tiere vielleicht nicht zu lieben, aber zu respektieren. Das ist ein grosser Unterschied. Manchmal ist Respekt besser als Liebe. Aus Liebe können auch schlimme Dinge entstehen. Aber Respekt ist meiner Meinung nach wertvoller als Liebe.

Map Of Hope: Und wie bekommt es hin, daß die Menschen diesen Respekt, diese Achtung vor den Tieren gelehrt bekommen?

Dr. Aurelian Stefan: Nur mit Aufklärung.

Map Of Hope: Gibt es da konkrete Projekte? Oder ist das erst einmal eine Idee?

Dr. Aurelian Stefan: Ja, wir haben ein Projekt mit den Kindern. Ich habe kleine Bücher für die Kinder. Wir haben fast 17.000 gedruckt. Und wir verteilen diese in den Gemeinden, die an so etwas interessiert sind. Also zum Beispiel in einer Schule, einem Dorf, einem Waisenhaus. Das ist sehr wichtig.

Map Of Hope: Und was steht in solchen Büchern drin?

Dr. Aurelian Stefan: Darin sind Beispiele und Informationen, Auskünfte, wie man mit Hunden umgehen sollte. Es wird erklärt, was eine Kastration bedeutet, was eine Impfung bedeutet, es geht um die Rechte der Hunde, der Tiere allgemein, also z.B. dem Recht auf Wasser und Futter, artgerechte Haltung. Alles das sind Dinge, die Kinder, aber auch Erwachsene aus diesen Büchern lernen können. Wenn wir ein Kastra-Projekt haben, z.B. in einem Dorf, kommt regelmässig das ganze Dorf. Und die Leute fragen, was wir da machen, warum wir es machen. Dann möchten sie ihren Hund auch kastrieren lassen und haben Fragen. Sie erfahren, daß es kostenlos ist, daß die Hunde danach immer noch gesund sind, daß sie eigentlich sogar viel gesünder sind, daß die Rüden gelassener werden, daß weniger Krankheiten übertragen werden, wenn keine Deckungen erfolgen, und vieles mehr. Und sie stellen fest: Es gibt da jemanden, der sich um Hunde und Katzen kümmert. Manchmal werden wir auch bei der Gelegenheit gebeten, uns Tiere anzusehen, die z.B. seit Jahren Tumore haben, und um Rat oder Behandlung gebeten. Man kann also durch unsere Aktionen etwas ändern, etwas bewirken in der Gemeinschaft, in der jeweiligen Gemeinde, einem Dorf zum Beispiel. Es kommt – aber es ist eine riesige Arbeit.

Map Of Hope: Also eigentlich müssten die angehenden Tierärzte an der Veterinarfakultität in Bukarest, aber auch an anderen, genau für solche Dinge geschult werden. Passiert das?

Dr. Aurelian Stefan: Nein. Definitiv nein.

Map Of Hope: Wo können Tierärzte denn sich informieren und weiterbilden, wenn sie interessiert sind, an solchen sinnvollen Projekten mitzuarbeiten? Wo können sie z.B. die minimal invasive Operationsmethode erlernen?

Dr. Aurelian Stefan: Eigentlich sind solche Tierärzte sehr selten zu finden. Ich bin ein wenig enttäuscht von den zuletzt ausgebildeten Tierärzten. Es ist eine schwere Arbeit, die wir machen. Es gibt nicht viele Tierärzte, die so arbeiten möchten. Aber, es gibt Hoffnung. Es sollten jedoch deutlich mehr Tierärzte sein, die sich solche Arbeit machen wollen.

Map Of Hope: Die Tierärzte, die ihr in Eurem Veterinary Training Camp ausgebildet habt, das sind ja, glaube ich, 10 oder etwas mehr inzwischen: Machen sie noch das, was sie bei Euch gelernt haben, oder haben sie es aufgegeben?

Dr. Aurelian Stefan: Manche haben das aufgegeben. Manche sind ausgewandert. Und auf manche bin ich sehr stolz, sie arbeiten für den Tierschutz in ihren Städten. So ist das Leben. Normalerweise schlagen uns die Vereine Tierärzte vor, und wir akzeptieren einen Tierarzt, wenn er sich vor Ort engagieren möchte. Wenn wir solche Tierärzte finden, bilden wir sie aus. Manche der Tierärzte, die unser Trainingscamp besucht haben, kommen aus dem Ausland, die sich weiterbilden wollen. Ich habe Tierärzte aus den USA, England, Deutschland, und anderen Ländern weitergebildet. Unsere Trainings sind kostenlos für Tierärzte, die unser Wissen, unsere Kenntnisse mit nachhause nehmen möchten.

Map Of Hope: Ihr habt danach Kontakt zu ihnen und hört von ihren Erfolgen, wenn sie welche haben?

Dr. Aurelian Stefan: Wenn sie welchen haben, natürlich! Du hast sicher von Botosani gehört? Ein von uns ausgebildeter Tierarzt hilft in Botosani. Die Leute vor Ort sind darüber sehr froh. Es gibt auch einen Tierarzt in Bistrita. Es gibt einen Tierarzt in Baia Mare. Leider sind es nicht sehr viele. Weil es schlicht nicht so viele engagierte Tierärzte gibt.

Map Of Hope: Würde es mehr durch Euch weitergebildete Tierärzte geben, wenn es dafür mehr finanziellen Support aus dem Ausland gäbe? Oder ist das Problem eher, daß nicht so viele Tiere diesen Respekt, diese Einstellung gegenüber den Strassentieren haben?

Dr. Aurelian Stefan: Geld ist immer wichtig. Das muss ich zugeben. Aber es wäre schön, wenn wir mehr Bewerber hätten. Das wäre super. Projekte benötigen immer Geld. Aber es ist nicht nur das Geld was fehlt.

Map Of Hope: Was können denn Ausländer, wenn sie Euch unterstützen wollen, wenn sie sagen, dieses „Romania Animal Rescue“ macht für mich sinn, was können die tun? Was für eine Hilfe könnt Ihr gebrauchen?

Dr. Aurelian Stefan: Unsere Arbeit besteht aus einem Quadrat: Wir haben das Kastraprojekt, wir haben das Projekt Homeless Animal Hospital, wir haben das Veterinary Training Camp und wir haben Das Bildungsprojekt, wo wir diese Broschüren verteilen. Ausländer können natürlich spenden. Sie können aber auch freiwillig mit uns durch Rumänien reisen. Sie können uns bekannt machen.

1450152_10201456139660348_765783735_nMap Of Hope: Die Leute, die Euch besuchen und vor Ort helfen wollen, müssen die irgendwelche Vorkenntnisse oder Qualifikationen haben?

Dr. Aurelian Stefan: Nein! Wir brauchen eigentlich Leute, die einen Hund von A nach B tragen können. Besondere Ausbildung ist dafür nicht erforderlich.

Map Of Hope: Kannst Du noch etwas zum Homeless Animal Hospital sagen bitte?

Dr. Aurelian Stefan: Homeless Animal Hospital ist ein Projekt, das wir in unserer Tierklinik machen. Es gibt viele, viele Leute, die Strassenhunde bei uns behandeln lassen möchten, oder einen Hund auf der Strasse gefunden haben. Also, Hunde, die nicht ihr Hund sind. Hunde, bei denen sie bemerkt haben, daß sie ein Problem haben. Zum Beispiel gebrochene Beine… Oder Leute, die überfordert sind mit den Strassenhunden, die sie bereits gerettet haben und jetzt bei sich zuhause haben. Sie erhalten um eine kostenlose oder billigere Behandlung.

Ab und zu braucht jeder von uns, Tiere und Menschen, Hilfe. Es kommt auch mal ein Zeitpunkt, an dem Du als Mensch Hilfe brauchst. Das passiert auch bei den Hunden, oder bei den Katzen.

Es gibt einen Moment, wo ein Schutzengel sehr sehr nötig ist.

10491289_10153440817864881_1756383082435589605_nDas möchten wir beim Homeless Animal Hospital sein. Schutzengel mag ein kompliziertes Wort sein. Aber wir möchten dann helfen, wenn es nötig ist. Romania Animal Rescue deckt einen Grossteil der hier entstehenden Kosten. Wir als Team übernehmen auch einen beachtlichen Teil der Kosten.

Map Of Hope: Das bedeutet, Familyvet und Homeless Animal Hospital sind dasselbe Gebäude und dasselbe Team, richtig?

Dr. Aurelian Stefan: Ja, richtig. Homeless Animal Hospital ist ein Projekt von RAR, das in unserer Klinik stattfindet, unterstützt durch weitere Spender. Leider gibt es nur wenige Spender, aber das macht nichts, unser Team macht seine Aufgabe von ganzem Herzen. Es ist nicht so, daß wir für einen Fall Geld erwarten, wir helfen dem Tier natürlich. Das ist unser Ziel. Unsere Prioriät ist Hilfe für die Tiere. Wenn dem Tier geholfen wurde, dann sehen wir, ob wir unserer Kosten decken können oder nicht. Die Hilfe ist das Wichtigere.

Die Idee ist, da zu sein, wenn ein Tier Hilfe braucht.

Map Of Hope: Aurelian, hast Du jetzt immer noch Hunde zuhause?

Dr. Aurelian Stefan: Ja, ich habe eine Hündin, die meine Frau gefunden hat, sie heisst Tina und lebt seit 2 Jahren bei uns, glaube ich. Eine ehemalige Strassenhündin.

Map Of Hope: Sieht Dich Deine Familie überhaupt noch ab und zu oder schauen sie sich nur noch Fotos von Dir an?

Dr. Aurelian Stefan: Nein! Ich versuche, meine Familie nicht zu vernachlässigen. Und ich versuche, Zeit mit meiner Familie zu verbringen, und ich schaffe das. Aber manchmal ist es sehr wenig. Diese Woche z.B. von Mittwoch bis Freitag bin ich ständig in der Klinik. Und am Samstag sind wir mit Kastrationen in Teccuci, 200 KM von zuhause entfernt, dann aber haben wir ein Projekt in einem Dorf, das nur 40 KM von zuhause entfernt ist. Also quasi eine Rundreise. Die Tiere sind uns sehr wichtig. Denn das ist unser Ziel: Tierleid zu verringern durch Kastrationen. Das ist unsere grösste Priorität.

Map Of Hope: Ich bedanke mich ganz herzlich für die Zeit und Geduld, die Du Dir für dieses Gespräch genommen hast und wünsche Dir mit Deinen Projekten viel Erfolg!

Copyright der Bilder bei Dr. Aurelian Stefan. Sie dürfen unter Quellenangabe (mapofhope.de) gemeinsam mit diesem Text ohne Einzelgenehmigungen verwendet werden. Eine andere Verwendung unterliegt der Genehmigung des/der Fotografen und Dr. Aurelian Stefan


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